Als Pionierin im Bereich Schutz der Frauen sei sie froh, dass heute „zumindest darüber offen geredet wird“. „Ändern wird sich allerdings erst etwas, wenn Männer das Problem als ihres erkennen“, meinte sie. Sie wünsche sich, dass „weiterhin Frauen geschützt werden und genauso die Kinder. Denn die sind letztlich die Leidtragenden“, erklärte sie.
Ihr Leben sei beispielhaft, sagte Gianni Lanzinger, Ex-Kammerabgeordneter und Vorstandsmitglied des Stadtclubs in seiner Laudatio. „Wir waren der Meinung, dass Sie die Persönlichkeit sind, die die Besonderheit der Stadt am besten repräsentiert und vervollständigt: eine Stadt des Dialogs zwischen Kulturen und sozialen Schichten“, begründete Lanzinger die Wahl. „Sie sind für uns die Bürgerin des Jahres, denn Sie stehen für die Gewissheit, dass Versöhnung trotz unterschiedlicher Sprache und Herkunft immer möglich ist“, erläuterte er.
Sie habe persönlich erlebt, was es heißt, wenn Menschen Solidarität brauchen: Sie habe diese Schwierigkeiten erkannt und daraus Inspiration für Unterstützung in der Not gezogen. So entstand etwa „Frauen helfen Frauen“ oder andere Organisationen für den Schutz von Frauen, die entweder Krankheit oder Gewalt erleiden müssen. Martha Ebner initiierte dies aus der gelebten Solidarität heraus, ohne auf die öffentliche Hand zu warten. „Ebenso war Ihre unternehmerische und berufliche Tätigkeit geprägt von Großzügigkeit und Bewusstheit“, unterstrich er.
Auch Bürgermeister Renzo Caramaschi zollte der Geehrten seinen Respekt und betonte, dass er bewundere, wie dynamisch und voller Energie Martha Ebner noch ist – und schön. Sodass er sich sogar erbat, ihr einen Kuss geben zu dürfen, was ihm auch gewährt wurde. Anschließend erhielt Martha Ebner den Preis, ein Glasbildnis des Doms und einen Blumenstrauß.
Hintergrund: Ein bewegtes und bewegendes Leben
Dem Präsidenten des Bozner Stadtclubs, Elmar Pichler Rolle, oblag die ehrenvolle Aufgabe die Bürgerin der Jahres 2023, Martha Ebner, vorzustellen. „Vor genau 101 Jahren, 6 Monaten und 9 Tagen wurde Martha Ebner als Martha Flies am 6. Juni 1922 in ihrem Elternhaus in der Batznhäuslgasse geboren“, sagte Pichler Rolle. Für die Südtiroler war die damalige Zeit schwierig.Schon als Kind und als Schülerin litt Martha Ebner unter den Repressionen des Faschismus. Sie arbeitete in der Firma ihres Onkels, des legendären Kanonikus Michael Gamper. Der Verlag wurde auf Druck des faschistischen Regimes geteilt, der Südtiroler Zweig von Tyrolia in Athesia umbenannt.
Die Familie Ebner gehörte zu den Dableibern. Martha Ebners Mann Toni leitete später den Verlag und war politisch als Parlamentarier und Obmann der SVP tätig. Sie selbst war u.a. im Stadtviertelrat aktiv. Sie gründete das erste Frauenhaus und den Verein „Frauen helfen Frauen“ und die Südtiroler Krebshilfe mit. Sie leitet noch die Zeitschrift „Die Frau“ und ist Ehrenpräsidentin der Athesia-Gruppe. Und sie hat noch immer einen gültigen Führerschein.