Der beim Deutschen Filmpreis 2023 als bester Film ausgezeichnete Streifen ist ein Drama, das zum Thriller wird und sich auf die großartige filmische Leistung seiner Protagonistin
Von Anfang an vermittelt „Das Lehrerzimmer“ ein Gefühl der Unruhe. Schon in den ersten Szenen wird spürbar, wie angespannt das Klima in der Schule ist und dass dort einiges im Argen liegt. Die Kamera heftet sich dabei an die Lehrerin und folgt ihr vom Start an auf Schritt und Tritt. Die Inszenierung macht es dem Publikum unmöglich, Carla Nowak nicht im Blickfeld zu haben – egal, ob sie nun vor der Kamera hergeht oder auf sie zukommt.
Der Film wirft ein Licht auf das Bildungssystem mit seinem Prinzip der Wissensvermittlung und der Hierarchie. Die Schule wird zum Spiegel einer Gesellschaft, die in ihrer Stagnation und ihrem Verfall gezeigt wird. Die Bildungseinrichtung – eine Realität, die wir alle aus verschiedenen Blickwinkeln kennen, sei es als Schüler, als Lehrer oder als Eltern – befindet sich im alten Europa in der Krise, ebenso wie die Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern, die immer weniger einfühlsam und zunehmend konfliktreich sind.
Ohne Rhetorik und ohne Verharmlosung zeigt „Das Lehrerzimmer“ die Schule als einen in sich selbst gefangenen Mikrokosmos, in dem keine Maßnahmen zur Veränderung ergriffen werden, in dem viel geredet, aber wenig zur wirklichen Erneuerung getan wird. Regisseur Çatak geht es auch darum, die Schule als multikulturelle Mischung in den Klassen und die Vorurteile zu zeigen, die damit immer noch einhergehen. Es geht auch um die Rivalitäten im Lehrerkollegium und nicht zuletzt um die hohen moralischen Ansprüche, die das Lehrpersonal unter Druck setzen.
„Der Film handelt von der Suche nach Wahrheit, nach Gerechtigkeit, der Verdrehung von Wahrheit. Es geht um Fake News, um Cancel Culture. Es geht darum, wie man als Lehrkraft alles richtig machen will und doch einiges falsch macht“, sagte der deutsche Regisseur türkischer Herkunft. Aus all diesen Aspekten – dem latenten Rassismus, den Vorurteilen, dem Machtgefälle zwischen Lehrerpersonal und Schülern, zwischen alten und jungen Lehrern, der fehlgeleiteten Kommunikation, dem Schweigen zum falschen Zeitpunkt – setzt sich die schleichende Eskalation des Films zusammen. Es ist nicht möglich, den Streifen nur auf eine klare Erzähllinie zu reduzieren. Der Film führt dazu, sich vor allem Gedanken über eine ideale Schule zu machen: Welche Rolle spielen Klassengrößen, Noten, Lehrpläne, Prüfungen, Unterrichtszeiten, Fächer? Was zeichnet guten Unterricht aus? Auch wenn „Das Lehrerzimmer“ keine offene Schulkritik sein will, schärft der Film den Blick für manche Probleme, die mit dem Bildungswesen zusammenhängen.
Termin: Filmclub Bozen