Montag, 30. September 2024

Anführer der Hamas im Libanon von Israel getötet

Die palästinensische Terrororganisation Hamas meldet den Tod ihres Befehlshabers im Libanon. Fateh Sherif Abu el-Amin sei am Montag bei einem israelischen Angriff im Süden des Landes zusammen mit einigen Familienangehörigen getötet worden. Erstmals seit Beginn des Gaza-Kriegs vor knapp einem Jahr und der parallelen Konfrontationen mit der Hisbollah im Libanon hat Israels Armee dort auch nach Angaben der Palästinensergruppe PFLP 3 ihrer Mitglieder getötet.

Beschädigtes Wohnhaus im Beiruter Stadtteil Cola. - Foto: © APA/AFP / -

Die Hamas ist mit der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon verbündet. Israel führt im Gazastreifen seit fast einem Jahr Krieg gegen die Hamas und hat zuletzt auch seine Angriffe auf die Hisbollah im Libanon sowie im Jemen erheblich ausgeweitet. Die Hamas, die Hisbollah und die Houthi-Miliz im Jemen werden alle von Israels Erzfeind Iran unterstützt.

Die PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) teilte mit, drei ihrer Anführer seien bei einem israelischen Luftangriff in Beirut getötet worden. Israel habe die Gruppe im vorwiegend sunnitisch bewohnten Viertel Cola in Beirut angegriffen, das südlich des Zentrums auf dem Weg zum Flughafen liegt. Unter den Toten ist demnach unter anderem der PFLP-Militärkommandant im Libanon. Israel, die EU und die USA stufen neben der Hamas und der Hisbollah auch die PFLP als Terrororganisation ein.

Die PFLP agierte vormals vor allem aus dem Gazastreifen, hat aber auch Mitglieder im Westjordanland, Syrien und dem Libanon. In den 1970er Jahren verübte sie Anschläge mit anderen militanten Gruppen und war aktiv an der zweiten Intifada beteiligt, einem Palästinenseraufstand gegen die israelische Besatzung von 2000 bis 2005.

Israel erhöht weiter Druck auf Hisbollah

Israel erhöht unterdessen weiterhin den Druck auf die Hisbollah, damit diese mit ihren Angriffen auf Israel aufhört und sich aus dem Grenzgebiet zurückzieht. Die israelische Armee meldete am Montag den Angriff dutzender Hisbollah-Ziele in der libanesischen Bekaa-Region. Es seien „dutzende von Abschussrampen und Gebäuden“ ins Visier genommen worden, „in denen Waffen in der Bekaa-Region im Libanon gelagert wurden“, erklärte die Armee.

Außerdem bombardierten nach Angaben der israelischen Armee Dutzende Kampfflugzeuge auch im rund 1800 Kilometer entfernten Jemen Ziele, unter anderem Kraftwerke und einen Hafen, über den die Houthi-Miliz iranische Waffen und militärische Vorräte transportiert haben soll. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Die Hafenstadt Hodeidah wurde laut Augenzeugen von Explosionen erschüttert. Der Houthi-nahe TV-Sender Al-Masirah meldete 4 Tote. Wie die Hisbollah greift auch die Houthi-Miliz Israel immer wieder an – nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas, gegen die Israel seit fast einem Jahr Krieg führt.

Zugleich setzte die Hisbollah ihre Angriffe auf den Norden Israels fort. Nach Angaben der israelischen Armee gab es in der Stadt Safed am Montag erneut Raketenalarm. Der Armeesender berichtete, mehrere Raketen seien vom Libanon aus auf die Stadt abgefeuert worden. Es gab zunächst keine Berichte über Verletzte oder Sachschaden.

Die Armee teilte zudem mit, ein israelisches Raketenboot habe eine Drohne abgefangen, die im Norden über israelischen Gewässern im Mittelmeer geflogen sei. Der Armeesender berichtete, man gehe davon aus, dass die Drohne auf die Karish-Gasplattform abzielte, aus israelischer Sicht ein strategisches Ziel. Israel und der Libanon hatten sich vor zwei Jahren auf ein Gasabkommen und den Grenzverlauf geeinigt.

Biden: „Müssen umfassenden Krieg vermeiden“

Auf die Frage von Reportern, ob ein umfassender Krieg im Nahen Osten noch vermieden werden könne, antwortete US-Präsident Joe Biden: „Das muss er. Er muss wirklich vermieden werden.“ Er wolle mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu reden. Nach der jüngsten Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah durch Israel sind nach Einschätzung der iranischen Führung alle Optionen denkbar - auch ein noch umfassenderer Nahost-Krieg.

„Alle sollten sich bewusst sein, dass die Lage äußerst explosiv und jederzeit alles möglich ist (...) auch ein Krieg“, warnte Außenminister Abbas Araqchi am Sonntag. Nach der Tötung Nasrallahs am Freitag war am Sonntag bekannt geworden, dass Israel auch den Kommandanten der Hisbollah-Sicherheitsabteilung, Nabil Kaouk, getötet hat.

Trauerfeiern für Hisbollah-Chef im Libanon

Unterdessen beginnen im Libanon am Montag dreitägige Trauerfeiern für den am Freitag durch einen gezielten israelischen Luftschlag in einem Vorort Beiruts getöteten Hisbollah-Chef Nasrallah. Die Schiitenmiliz hat allerdings bisher keine Informationen über seine Beisetzung bekanntgegeben. Auch gibt es scheinbar noch keinen Nachfolger für Nasrallah.

Es wächst die Sorge, dass Israels Armee zu einer Bodenoffensive im Süden des Nachbarlandes übergehen könnte. Nach der Tötung Nasrallahs hatte Israels Armeechef Herzi Halevi am Samstag diese Möglichkeit angedeutet. Er habe Pläne für das Nordkommando der Streitkräfte gebilligt. „Herausfordernde Tage liegen vor uns“, sagte er. Die israelische Armee sei „in höchster Alarmbereitschaft, sowohl in defensiver als auch offensiver Hinsicht, an allen Fronten“. Sie sei gerüstet für das, was als Nächstes komme.

Experten sprechen von einer möglichen „Falle“, in die Israel geraten könnte. Trotz des Todes von Nasrallah und fast der gesamten oberen Führungsebene verfüge die Hisbollah immer noch über Tausende von erfahrenen Kämpfern und ein umfangreiches Waffenarsenal, mit dem sie in ihren südlibanesischen Hochburgen auf vorbereitetem Terrain Israels Truppen erhebliche Verluste zufügen könnte, schrieb das „Wall Street Journal“. Die Hisbollah könne es gar nicht abwarten, dass Israel im Südlibanon einmarschiert, zitierte die Zeitung eine frühere israelische Abgeordnete und heutige Mitarbeiterin der Denkfabrik Atlantic Council.

Eine israelische Bodenoffensive könne der Hisbollah helfen, sich wieder „aus der Asche“ zu erheben und die Unterstützung der breiten libanesischen Gesellschaft wiederzugewinnen, hieß es. Israels Befehlshaber seien sich zwar der Gefahr von Bodenkämpfen bewusst, schrieb die Zeitung. Das politische Problem bestehe jedoch darin, dass Israels erklärtes Kriegsziel - die Rückkehr von 60.000 Israelis, die durch die Hisbollah-Angriffe aus Gebieten entlang der Grenze vertrieben wurden - mit Luftschlägen allein kaum zu erreichen sei.

Iran richtet Drohungen an Israel

Der Iran wiederum, der die Hisbollah, die Hamas und die Houthi unterstützt, drohte Israel am Montag einmal mehr: Man werde keine der „kriminellen Handlungen“ Israels unbeantwortet lassen, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, im Verlauf einer routinemäßigen Pressekonferenz in Teheran mit Blick auf die gezielten Tötungen Israels im Libanon. „Hassan Nasrallah wurde zum Märtyrer, aber seine Lehre lebt weiter“, sagte Kanaani. Er verurteilte den Angriff, bei dem Nassrallah getötet wurde, scharf. Irans Regierung fordere ein sofortiges Handeln der internationalen Gemeinschaft und des UNO-Sicherheitsrates.

Die Hisbollah gilt als wichtigster Verbündeter Teherans im Nahen Osten. Dass das iranische Militär der Gruppe nun zur Hilfe eilt, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Staatsführung dürfte laut Beobachtern militärische Schläge auf iranischen Boden erwarten. Zudem hat Irans neue Regierung unter Präsident Massud Pezeshkian mit einer schweren Wirtschaftskrise zu kämpfen und ist um eine Wiederannäherung mit dem Westen bemüht.

apa

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