Senator Borghi wäre dafür, das Lorenzin-Gesetz abzuschaffen, welches die Pflichtimpfungen (gegen Masern, Röteln, Mumps, Windpocken usw.) vorschreibt. In Italien gilt deshalb: Ohne Pflichtimpfungen dürfen Kinder nicht den Kindergarten besuchen: „Das Gesetzesdekret sieht einen Ausschluss der 0- bis 6-Jährigen aus Kinderbetreuungsstätten vor“, teilt Hygieneärztin Dr. Silvia Spertini mit. Anders ist es in der Schule: „Kinder im Schulalter werden nicht ausgeschlossen“, sagt Dr. Spertini. Eigentlich wäre eine Verwaltungsstrafe vorgesehen. Aber: „Die Höhe der Verwaltungsstrafe wurde in Südtirol noch nicht festgelegt und wird derzeit nicht angewandt. Für jede Impfstoffdosis wäre die Verwaltungstrafe einmalig vorgesehen.“
„Eltern unter Druck“
Senator Borghi betont, dass er keineswegs ein Impfgegner sei. Italien zähle zu den wenigen EU-Ländern, wo es noch eine Impfpflicht gebe. Laut wissenschaftlicher Literatur führe die Impfpflicht verstärkt auch zu Verweigerung, weil sich Eltern wegen der vielen Pflichtimpfungen unter Druck fühlten, meint Borghi.Borghi wird mit seinem Antrag, die Pflichtimpfungen abzuschaffen, wohl Schiffbruch erleiden, sickerte gestern in italienischen Online-Medien durch: Bei der Behandlung des Gesetzesdekrets über die Wartezeiten in der Sanität in der Senatskommission sei Borghis Antrag über Impfungen nicht zulässig. Ob dieser „blinde Passagier“ zulässig ist oder nicht und ob darüber abgestimmt wird oder nicht, entscheidet heute, Dienstag, der Präsident der Senatskommission, Francesco Zaffini (Fratelli d'Italia). Heute wird über die Zulässigkeit aller Anträge entschieden, kündigt SVP-Senator Meinhard Durnwalder an.
„Chance, eine Krankheit auszurotten“
Kinderarzt Dr. Michael Mayr ist überzeugt, „dass die Impfung ohne Zweifel die wichtigste Vorsorgemaßnahme ist, die wir treffen“. Dank Impfung sei die Kindersterblichkeit zurückgegangen und die Kinder seien dank der Impfungen wesentlich gesünder. Letztlich sollte es darum gehen, die Impfquote zu verbessern. „Ziel ist eine Impfquote von 95 oder 96 Prozent“, meint Dr. Mayr. „Damit hat man einen durchgehenden Schutz und auch die Chance, eine Krankheit auszurotten.“Es gebe Länder ohne Impfpflicht für Kinder mit einer besseren Impfquote als in Italien. „Wenn man die Impfpflicht abschaffen würde, dann müsste man gleichzeitig massive Aufklärungskampagnen starten – von Hygienikern und Kinderärzten“, meint Dr. Mayr. „Optimal wäre es, wenn alle Eltern ihre Kinder impfen lassen würden, weil sie überzeugt davon sind, dass es richtig ist und nicht, weil es Pflicht ist.“
Solidarität gegenüber kranken Kindern
Nach der Einführung der Impfpflicht sei die Zahl der Eltern, die in seiner Praxis die Kinder impfen ließen, gestiegen. Würde man jetzt die Impfpflicht wieder abschaffen, könnte es wohl kaum gelingen, die Durchimpfungsrate zu halten. Es gehe bei der Impfung auch um Solidarität gegenüber kranken Kindern, die sich nicht impfen lassen können. „Kinder mit Leukämie, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, dürfen nicht geimpft werden. Kommen solche Kinder mit nicht geimpften Menschen in Kontakt, dann sind sie in Lebensgefahr“, erklärt Dr. Mayr.Eine Lanze für die Impfung von Kindern bricht auch Alessandro Urzí (FdI) auf Facebook.