Dienstag, 10. September 2024

Union bricht Migrationsgespräche mit deutscher Regierung ab

CDU und CSU brechen die Gespräche mit der deutschen Bundesregierung über ein gemeinsames Vorgehen in der Asyl- und Migrationspolitik ab. Die Vorschläge der Regierung zu einer Zurückweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen seien nicht weitgehend genug, sagte Unionsverhandlungsführer Thorsten Frei am Dienstag zur Begründung in Berlin. Deutschlands SPD-Innenministerin Nancy Faeser hatte unter anderem vorgeschlagen, bestimmte Geflüchtete vorübergehend zu inhaftieren.

Unionsverhandlungsführer Thorsten Frei. - Foto: © APA/dpa / Carsten Koall

Dieses Verfahren solle, wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete, für diejenigen Geflüchteten angewandt werden, die in Deutschland Asyl begehren, für deren Asylverfahren aber ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig ist. Die deutsche Bundespolizei soll demnach Haftkapazitäten prüfen und eine Unterbringung bei Gericht beantragen.

Diese Maßnahme soll einem Maßnahmenpapier zufolge das Untertauchen verhindern und wegen Fluchtgefahr verhängt werden können. Dafür müssten schnell ausreichend Haftplätze in Grenznähe und entlang der Migrationsrouten vorhanden sein, heißt es in dem Papier. Die Unterbringung in Haft sei dann so lange vorgesehen, bis der betroffene Flüchtling gemäß der Dublin-Regeln an das Mitgliedsland abgeschoben wird, in dem es zuerst in die EU gekommen ist.

Um zu prüfen, welches Land zuständig ist, soll die deutsche Bundespolizei an der Grenze vorrangig auf die sogenannte EURODAC-Datenbank zurückgreifen. Dort werden Fingerabdrücke der Geflüchteten gespeichert. Die Bundespolizei übermittelt die Daten an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das dann das Dublin-Verfahren beschleunigt einleitet, heißt es in dem Papier weiter. Alle vorgeschlagenen Maßnahmen entsprächen dem EU-Recht.

Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Bundesregierung, der Länder und der Union waren am Dienstagnachmittag zur zweiten Runde ihrer Migrationsgespräche zusammengekommen. Die Union hatte im Vorfeld Zurückweisungen an der Grenze zur Bedingung für ihre Teilnahme gemacht. Faeser ordnete am Montag bereits Kontrollen an allen deutschen Grenzen an und stellte mehr Zurückweisungen in Aussicht.

Polen kritisiert deutsche Grenzkontrollen

Unterdessen kritisierte Polen die Pläne zu vorübergehenden Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen scharf. „Dieses Vorgehen ist inakzeptabel“, sagte Regierungschef Donald Tusk in Warschau. Das Schengen-Abkommen werde damit praktisch ausgesetzt.

„Was Polen braucht, ist nicht eine Verstärkung der Kontrollen an unserer Grenze, sondern eine stärkere Beteiligung von Ländern wie Deutschland an der Bewachung und Sicherung der Außengrenzen der EU“, fügte Tusk mit Blick auf die Situation an der Grenze seines Landes zu Russlands Verbündetem Belarus hinzu. Der Ministerpräsident sagte weiter, seine Regierung werde in den kommenden Stunden andere Länder, die von kommenden Entscheidungen Berlins betroffen seien, um dringende Konsultationen über Schritte innerhalb der EU bitten.

Mit seinen Äußerungen stellte sich Tusk auch gegen die Forderungen der CDU, die wie Tusks Partei auf europäischer Ebene der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) angehört. CDU-Chef Friedrich Merz hatte erst am Montag angekündigt, das Gespräch mit Tusk und anderen europäischen EVP-Regierungschefs zu suchen, um sie von der Notwendigkeit einer schärferen Sicherung der deutschen Grenzen inklusive der Zurückweisung von Geflüchteten zu überzeugen.

Allerdings hatte Österreich – dessen Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) ebenfalls der EVP angehört – den Forderungen der CDU bereits eine Absage erteilt. „Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden“, sagte ÖVP-Innenminister Gerhard Karner der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Da gibt es keinen Spielraum.“ Er habe den Chef der österreichischen Bundespolizei angewiesen, „keine Übernahmen durchzuführen“.

Seit Oktober 2023 gibt es bereits stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz. Diese wurden immer wieder verlängert und laufen aktuell bis zum 15. Dezember. An der deutsch-österreichischen Landgrenze gibt es solche Kontrollen, die mit der irregulären Migration begründet werden, bereits seit September 2015. Die neu angeordneten Kontrollen direkt an der Grenze betreffen die Landgrenzen zu Frankreich, Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg.

apa

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